Innovationskultur etablieren mit Design Thinking: Ein praxiserprobter Ansatz für nachhaltige Veränderung

Du kennst das vermutlich: Dein Unternehmen hat bereits vielversprechende Innovationsinitiativen gestartet. Ihr habt Design Thinking Workshops durchgeführt, agile Methoden eingeführt und vielleicht sogar ein Innovationslabor aufgebaut. Und trotzdem – irgendwie werden neue Ideen im Unternehmensalltag immer noch ausgebremst, statt systematisch vorangetrieben. Woran liegt das? Nach über 15 Jahren Erfahrung in der Innovationsberatung und hunderten von Kulturwandel-Projekten kann ich dir sagen: Es liegt nicht an fehlenden Ideen oder mangelndem Innovationswillen. Der wahre Grund ist, dass einzelne Innovationsprojekte verpuffen, wenn die zugrundeliegende Innovationskultur nicht systematisch entwickelt wird.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie du Design Thinking als Werkzeug für echten Kulturwandel nutzt. Nicht als Methode für Produktinnovation, sondern als systematischen Ansatz, um eine lebendige Innovationskultur zu etablieren.

Du kannst dir das auch gerne in der Folge 78 meines „Veränderung Einfach Machen“ Podcasts anhören.

Warum klassische Ansätze zur Kulturveränderung scheitern

Lass uns zunächst verstehen, warum die üblichen Versuche, eine Innovationskultur zu etablieren, oft ins Leere laufen. In meiner Arbeit mit mittelständischen Unternehmen sehe ich immer wieder das gleiche Muster: Man versucht, Innovation durch isolierte Maßnahmen zu fördern – einen Design Thinking Workshop hier, ein Innovationsprojekt da. Was dabei übersehen wird: Kultur ist ein komplexes System aus Denkweisen, Verhaltensmustern und ungeschriebenen Regeln.

Diese Abbildung zeigt die drei Dimensionen einer Innovationskultur.

Die drei Dimensionen der Innovationskultur

In meiner Arbeit hat sich bewährt, Innovationskultur in drei Dimensionen zu betrachten: Können, Wollen und Dürfen. Diese Dimensionen sind eng miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig.

Design Thinking als Werkzeug für Kulturwandel

Hier kommt Design Thinking ins Spiel – aber anders als du es vielleicht kennst. Statt Design Thinking nur als Innovationsmethode zu nutzen, setzen wir es als systematischen Ansatz für Kulturwandel ein. Warum? Weil Design Thinking genau die drei Dinge verändert, die Kultur ausmachen:

  1. Wie Menschen denken
  2. Wie Menschen zusammenarbeiten
  3. Wie Menschen Probleme lösen

Die sieben Phasen des kulturzentrierten Design Thinking

Diese Grafik zeigt den Ablauf eines Innovation Culture Labs.

Phase 1: Verstehen, um eine Innovationskultur zu etablieren

In dieser ersten Phase geht es darum, wirklich zu verstehen, warum deine Innovationskultur noch nicht da ist, wo sie sein soll. Statt sofort in Lösungen zu springen, nehmen wir uns Zeit für die echten Ursachen. In meiner Praxis hat sich bewährt, einen ganztägigen Verstehen-Workshop mit einem diversen Team durchzuführen.

Was dabei besonders wichtig ist: Frag nicht „Was ist unsere Kultur?“, sondern „Wann haben wir unsere Kultur besonders stark gespürt?“ Diese Fokussierung auf konkrete Momente bringt viel tiefere Erkenntnisse als abstrakte Diskussionen.

Phase 2: Beobachten, um eine Innovationskultur zu etablieren

Jetzt wird’s spannend: Wir gehen auf Kultur-Safari. Das bedeutet, wir beobachten systematisch, wie sich unsere Kultur im Alltag zeigt. Ein besonders kraftvolles Tool ist dabei das Kultur-Tagebuch. Lass deine Mitarbeitenden über zwei Wochen dokumentieren:

  • Morgens: Was erwarten sie heute?
  • Tagsüber: Welche kulturprägenden Momente erleben sie?
  • Abends: Was hat sie überrascht?

Die Erkenntnisse sind oft verblüffend. In einem Projekt stellten wir zum Beispiel fest, dass innovative Ideen besonders häufig in informellen Gesprächen entstehen – aber dann im formalen Prozess stecken bleiben.

Phase 3: Definieren, um eine Innovationskultur zu etablieren

In dieser Phase bringen wir alle Erkenntnisse zusammen und formulieren konkrete „How Might We“-Fragen. Das sind keine normalen Fragen, sondern Innovationskatalysatoren. Ein Beispiel aus der Praxis:

Statt: „Wie können wir mehr Innovationen generieren?“ Besser: „Wie können wir Meetings so gestalten, dass sie Energie geben statt rauben und gleichzeitig Raum für neue Ideen schaffen?“

Phase 4: Ideation für eine wirksame Innovationskultur

Jetzt wird’s kreativ – aber systematisch. Ein besonders wirksames Format ist der Culture Hackathon. In 48 Stunden entwickeln freiwillige Teams konkrete Experimente für kulturelle Veränderung. Der Unterschied zu klassischen Workshops: Wir suchen keine perfekten Lösungen, sondern testbare Hypothesen.

Phase 5 & 6: Prototyping & Testing

Dies ist der entscheidende Unterschied zu klassischen Kulturwandel-Projekten: Wir prototypen Kultur. Das klingt zunächst seltsam, ist aber hocheffektiv. Ein Beispiel:

Ein Team wollte die Meeting-Kultur verbessern. Statt eine neue Meeting-Policy zu schreiben, starteten sie das „30-Minuten-Experiment“: Alle Meetings wurden auf 30 Minuten verkürzt, mit klaren Rollen und visualisiertem Fortschritt. Das Ergebnis? Nach zwei Wochen wollte niemand mehr zurück zum alten Format.

Phase 7: Reflexion in der Innovationskultur

Die letzte Phase ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg. In regelmäßigen Review-Sessions reflektieren wir:

  • Was haben wir gelernt?
  • Welche Verhaltensänderungen beobachten wir?
  • Was braucht es als nächstes?

Die versteckten Culture-Hacks durch Design Thinking in der Innovationskultur

Besonders spannend ist, was „nebenbei“ passiert, wenn Teams durch diesen Prozess gehen. Ich nenne es die versteckten Culture-Hacks:

1. Empathie als Kulturwandel-Booster

Teams entwickeln automatisch mehr Verständnis füreinander. Aus „Die anderen wollen nicht“ wird „Lass uns verstehen warum“. Diese Verschiebung in der Perspektive ist Gold wert für die Innovationskultur.

2. Prototyping als Mindset-Changer

Der größte Kulturwandel passiert, wenn Teams erleben, dass sie Dinge einfach ausprobieren können. Aus „Das geht nicht“ wird „Lass es uns testen“. Dieses Mindset überträgt sich auf alle Bereiche.

3. Iteration als neues Normal

Teams lernen, dass erste Versuche nicht perfekt sein müssen. Feedback wird von Kritik zu wertvollen Erkenntnissen. Diese Haltung ist der Schlüssel zu echter Innovationskultur.

Praktische Umsetzung in deinem Unternehmen – So kommst du zu einer positiven Innovationskultur

Wie startest du nun konkret? Hier sind die drei wichtigsten Schritte:

  1. Beginne klein, aber systematisch Statt die ganze Organisation auf einmal zu verändern, starte mit einem Pilot-Bereich. Aber arbeite dort konsequent mit dem kompletten Design Thinking Prozess.
  2. Schaffe frühe Erfolgserlebnisse Suche dir Bereiche, wo schnelle Verbesserungen möglich sind. Jeder sichtbare Erfolg macht den nächsten Schritt leichter.
  3. Dokumentiere und kommuniziere Mach den Kulturwandel sichtbar. Teile Geschichten, feiere Erfolge, aber sprich auch offen über Learnings aus gescheiterten Experimenten.

Fazit: Innovationskultur systematisch entwickeln

Eine lebendige Innovationskultur entsteht nicht durch Zufall oder einzelne Workshops. Sie entwickelt sich durch systematische Arbeit mit den richtigen Tools. Design Thinking bietet dir genau diesen systematischen Ansatz – wenn du es nicht nur als Innovationsmethode, sondern als Kulturwandel-Tool einsetzt.

Dabei ist der größte Vorteil: Du musst keine komplett neue Methode einführen. Wenn du bereits Design Thinking für Produktinnovation nutzt, kannst du direkt damit beginnen, es auch für den Kulturwandel einzusetzen.

Denk daran: Kultur wandelt sich nicht durch Ankündigungen, sondern durch neue Erfahrungen. Design Thinking ist dein Werkzeug, diese Erfahrungen systematisch zu gestalten.