Im ersten Teil der Blogreihe haben wir bereits darauf hingewiesen, dass sich Unternehmen regelmäßig selbst in Frage stellen sollten. Warum Sie dafür auch eine Grabrede auf Ihr Unternehmen schreiben sollten – das lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
Die Grabrede für Geschäftsmodelle – Warum Sie diese zukunftsfitter machen wird
Die Grabrede ist eine Technik aus dem systemischen Coaching und ich habe sie schon während meiner Ausbildung zur psychologischen Beraterin kennengelernt – da jedoch noch auf den privaten Kontext verfasst.
Im Buch Geschäftsmodelle entwickeln von Oliver Gassmann wird diese Technik für Geschäftsmodelle und Unternehmen verwendet und vorgestellt.
Seitdem bauen wir diese Technik in unsere Beratungsprojekte ein. Mit der Grabrede kann durch eine humorvollere Art und Weise auf mögliche Herausforderungen und Barrieren geblickt werden. Im ersten Moment fühlen sich viele unserer Kunden vor den Kopf gestoßen, aber wenn sie diese Übung gemacht haben, sagen alle: „Wow, eine tolle Sache.“ Die Technik hat auch eine sehr makabre Seite, aber Sie werden sehen, dass sich daraus neue Blickwinkel auf Ihr Geschäftsmodell entwickeln lassen.
Vor kurzem wollte ein Unternehmen dann auch, dass wir diese Übung mit den Mitarbeitern durchführen. So sollten weitere Gründe für ein mögliches Scheitern des Unternehmens aufgezeigt werden.
Doch was ist die Grabrede und was hat die Grabrede mit Geschäftsmodellen zu tun?
Erster Schritt: Sammeln Sie mögliche Veränderungen und Trends, die sich in Ihrem Umfeld ergeben
- Was tut sich am Markt?
- Welche Kundenbedürfnisse sind erkennbar?
- Welche Veränderungen sind im Umfeld erkennbar?
- Welche neuen Gesetze, Regelungen und Normen zeichnen sich ab oder könnten sich ergeben?
- Welche technologischen Veränderungen könnten sich ergeben?
Zweiter Schritt: Setzen Sie einen Zeithorizont für das Scheitern des Unternehmens fest. Also an welchem Datum stehen Sie am Grab Ihres Unternehmens?
Dritter Schritt: Verfassen Sie eine Grabrede und gehen Sie dabei auf Versäumnisse des Unternehmens ein.
Ein mögliches Beispiel lesen Sie hier auf eine bisher gutgehende Bank:
Heute, am 04. Mai 2024 stehen wir am Grab unserer geliebten Bank. 130 Jahre alt ist unser Unternehmen geworden. Zu Beginn noch quitschfiedel, hat sich im Alter von 100 Jahren schon die ein oder andere Altersschwäche gezeigt.
Unsere Bank war nicht mehr schnell genug. In unseren Entscheidungen waren wir langsam – zu viele Menschen mussten mitentscheiden – sogar um einen neuen Bleistift zu erhalten, musste die Freigabe eingehalten werden.
Wir haben auch nicht mehr viel gesehen. So sind Trends wie Online-Banking, Online-Konten und Chatbots spurlos an uns vorüber gegangen. Während die alten Kunden uns sehr für unsere Beständigkeit und Tradition geschätzt haben, wurden wir von der jungen Generation gar nicht mehr wahrgenommen. Sie wollten etwas Modernes. Sie wollten eine App, schnelle Verfügbarkeit und Erreichbarkeit rund um die Uhr.
Die letzten Jahre haben wir noch versucht die ein oder andere Schwäche zu reduzieren, aber es war zu spät. Unsere eigene Arroganz wurde uns zum Verhängnis. Wie oft haben wir gemeint, dass Online Konten für junge Menschen nicht interessant sein. Wie oft haben wir gesagt, dass junge Menschen mit Mitarbeitern sprechen wollen und in die Filiale kommen wollen?
Heute stehen all diese schönen Bankfilialen leer und warten darauf abgerissen oder verkauft zu werden. Tja, vielleicht hätten wir doch auf den ein oder anderen von außen hören sollen? Vielleicht hätten wir uns neue Technologien doch näher betrachten sollen. Ja, jetzt wissen wir es besser. Aber es ist zu spät für unsere Bank.
Vierter Schritt: Leiten Sie mögliche Strategien aus den Grabreden ab.
Zukunftsfitte Geschäftsmodelle entwickeln
Wir empfehlen Ihnen auch mehrere Grabreden zu schreiben – in verschiedenen Abteilungen und Hierarchiestufen. Nehmen Sie die Punkte aus der Grabrede um leiten Sie darauf Strategien für die Zukunft ab.
Worauf möchten Sie mehr Augenmerk legen? Wie können Sie diese Schwierigkeiten aus dem Weg räumen bzw. schon im Vorfeld abfangen?
Die Grabrede ist eine humorvolle Variante zur Analyse möglicher Spannungsfelder und Hindernisse in der Zukunft.
Extratipp: Sie können diese Technik auch auf neue Ideen und Projekte umlegen. Schreiben Sie vor dem Start eines neuen Projekts oder vor der Umsetzung einer neuen Idee eine Grabrede darauf. Woran könnte die Idee gescheitert sein? Woran könnte das Projekt gescheitert sein?
Diese Technik ist Teil unseres Business Model Innovation Facilitators. Hier lernen Sie auch Techniken wie die Business Model Canvas oder die Value Propositon Design Technik kennen.
Dieser Beitrag ist Teil einer Blogreihe:
Teil 1: Was ist ein Geschäftsmodell und warum sollte es regelmäßig in Frage gestellt werden?
Teil 2: Die Grabrede auf bestehende Geschäftsmodelle
Teil 3: Geschäftsmodelle mit der Business Model Canvas analysieren und entwickeln