Interessens-Widerstand: Der verborgene Stolperstein in Veränderungsprozessen
Heute tauchen wir mal so richtig tief in ein Thema ein, das uns in Veränderungsprozessen immer wieder begegnet, aber oft unterschätzt wird: der Interessens-Widerstand.
Ihr wisst schon, diese subtile Form des Widerstands, die sich hinter vorgeschobenen Gründen versteckt und uns manchmal zur Verzweiflung bringt.
Aber keine Sorge, ich habe ein paar Tipps im Ärmel, die dir dabei helfen, diesen kniffligen Widerstand zu entlarven und anzugehen.
Was steckt eigentlich hinter dem Interessens-Widerstand?
Lasst uns mal kurz innehalten und uns klar machen, worum es beim Interessens-Widerstand eigentlich geht. Im Kern ist es ein höchstpersönlicher Widerstand, bei dem sich jemand durch eine Veränderung in seinen Werten, Überzeugungen oder Interessen bedroht fühlt. Und das Tückische daran? Es passiert oft unbewusst!
Stellt euch vor, ihr seid in einem Unternehmen und plötzlich heißt es: „Wir führen jetzt OKR ein!“ Für manche klingt das nach einem spannenden Abenteuer, für andere ist es der reinste Albtraum.
Warum? Weil es vielleicht ihre gewohnten Arbeitsweisen auf den Kopf stellt, ihre Komfortzone bedroht oder sogar ihre Position im Unternehmen in Frage stellt.
Der versteckte Charakter des Interessens-Widerstands
Das Fiese am Interessens-Widerstand ist, dass er sich oft hinter anderen Ausreden versteckt. „Ich habe keine Zeit dafür“ oder „Das brauchen wir nicht“ – kennt ihr solche Aussagen? Oft sind das nur vorgeschobene Gründe, hinter denen sich der eigentliche Interessens-Widerstand verbirgt. Es ist einfach leichter zu sagen „Dafür habe ich keine Zeit“, als zuzugeben „Das widerspricht meinen innersten Überzeugungen“.
Wie erkennen wir den Interessens-Widerstand?
Jetzt fragt ihr euch sicher: „Wie zum Teufel soll ich das denn erkennen?“ Keine Sorge, ich habe da ein paar Tricks auf Lager, die uns helfen, diesen versteckten Widerstand aufzuspüren.
Der Rucksack-Ansatz
Stellt euch vor, jeder von uns trägt einen unsichtbaren Rucksack mit sich herum. In diesem Rucksack sind all unsere Werte, Motivatoren, Erfahrungen und inneren Antreiber verstaut. Wenn eine Veränderung ansteht, kann es sein, dass sie mit dem Inhalt unseres Rucksacks in Konflikt gerät.
Zum Beispiel: Wenn jemand den Wert „Sicherheit“ ganz oben in seinem Rucksack hat und plötzlich soll alles agil und flexibel werden – na, da ist der Interessens-Widerstand vorprogrammiert!
Die Kunst des Zuhörens
Ein weiterer Schlüssel zur Erkennung des Interessens-Widerstands ist aktives Zuhören. Achtet mal darauf, was die Leute zwischen den Zeilen sagen. Wenn jemand ständig betont, wie wichtig Hierarchien sind, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass er sich durch flachere Strukturen in seiner Position bedroht fühlt.
Tools und Techniken zum Umgang mit Interessens-Widerstand
So, jetzt wird’s richtig spannend! Ich habe ein paar coole Tools für euch, die uns helfen, den Interessens-Widerstand nicht nur zu erkennen, sondern auch damit umzugehen. Schnallt euch an, das wird eine wilde Fahrt!
Moving Motivators – Der Blick in den Rucksack
Eines meiner Lieblingstools sind die Moving Motivators. Das ist wie ein Blick in den Rucksack der Mitarbeiter, nur viel weniger creepy. Es sind im Grunde Karten mit verschiedenen Motivatoren drauf, die die Leute dann sortieren können.
So funktioniert’s:
- Jeder sortiert die Karten nach Wichtigkeit.
- Dann überlegt man, wie die anstehende Veränderung jeden Motivator beeinflusst.
- Die Karten werden entsprechend nach oben (positiver Einfluss) oder unten (negativer Einfluss) verschoben.
Das Coole daran? Ihr bekommt einen visuellen Überblick darüber, was den Leuten wichtig ist und wie die Veränderung das beeinflusst. Und das Beste: Es macht die Dinge besprechbar!
Die Auskotzsession – Ja, ihr habt richtig gehört!
Manchmal müssen wir einfach mal alles rauslassen, oder? Die Auskotzsession ist genau dafür da. Gebt den Leuten 10 Minuten Zeit, um sich richtig auszukotzen. Alles, was sie an der Veränderung stört, darf raus.
Aber Achtung: Stellt einen Timer! Sonst kann das schnell ausufern und ihr sitzt noch nächste Woche da.
Ein kleiner Tipp am Rande: Der Jammerlappen. Das ist wörtlich zu nehmen – ein Handtuch mit „Jammerlappen“ drauf gestickt. Wer den in der Hand hält, darf jammern. Ist die Zeit um, wird der Lappen weitergegeben. Das bringt oft auch etwas Humor in die Sache!
Nightmare Change – Der kontrollierte Albtraum
Kennt ihr Kopfstandübungen? Nightmare Change ist sowas in der Art. Statt zu fragen „Was könnte alles gut laufen?“, fragen wir „Was wäre der absolute Albtraum?“.
Das macht zwei Dinge:
- Es nimmt den Druck raus, weil es plötzlich okay ist, auch mal das Schlimmste zu denken.
- Es bringt oft versteckte Ängste und Bedenken ans Licht, die sonst vielleicht nicht ausgesprochen worden wären.
Und das Beste? Wenn wir wissen, was der Albtraum wäre, können wir gezielt daran arbeiten, dass er nicht eintritt!
Die Veränderungsbilanz-Quadranten – Ein bisschen Mathe muss sein
Okay, keine Panik, es wird nicht wirklich mathematisch. Die Veränderungsbilanz-Quadranten sind ein super Tool, um die Vor- und Nachteile einer Veränderung sichtbar zu machen.
Wir teilen ein Blatt (oder ein Whiteboard) in vier Quadranten:
- Was ist nicht gut, wenn ich mich verändere?
- Was ist nicht gut, wenn ich mich nicht ändere?
- Was ist gut, wenn ich mich nicht ändere?
- Was ist gut, wenn ich mich ändere?
Das Tolle daran? Es zwingt uns, die Veränderung von allen Seiten zu betrachten. Oft kommen dabei Dinge ans Licht, an die wir vorher gar nicht gedacht haben.
Die Bedeutung von Bedürfnissen und Werten im Veränderungsprozess
Jetzt wird’s ein bisschen psychologisch, aber keine Sorge, ich halte es einfach! Bedürfnisse und Werte sind der Treibstoff unseres Handelns. Wenn eine Veränderung diese bedroht, ist Widerstand vorprogrammiert.
Der Werte-Check
Ein kleiner Trick, den ich gerne anwende: Lasst die Leute ihre Top 5 Werte aufschreiben. Dann schauen wir gemeinsam, wie die anstehende Veränderung diese Werte beeinflusst. Manchmal stellen wir dabei fest, dass die Veränderung sogar hilft, bestimmte Werte besser zu leben!
Bedürfnisse sichtbar machen
Oft sind sich die Leute ihrer eigenen Bedürfnisse gar nicht bewusst. Ein einfaches Tool, das ich dafür gerne verwende, ist die Bedürfnispyramide. Wir gehen die verschiedenen Ebenen durch und überlegen gemeinsam, welche Bedürfnisse durch die Veränderung beeinflusst werden könnten.
Der Toleranzpoker – Nicht nur für Zocker
Der Toleranzpoker ist ein geniales Tool, um über unterschiedliche Sichtweisen ins Gespräch zu kommen. Jeder bekommt Karten, die verschiedene Toleranzstufen darstellen – von „finde ich super“ bis „das geht gar nicht“.
Dann werden verschiedene Aspekte der Veränderung vorgestellt und jeder legt verdeckt eine Karte. Wenn alle aufgedeckt werden, wird’s spannend! Oft zeigt sich, dass die Wahrnehmungen im Team total unterschiedlich sind. Und genau darüber kommen wir ins Gespräch.
Visualisierung – Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Ich bin ein großer Fan von Visualisierung. Warum nicht mal eine „Change-Landkarte“ erstellen? Zeichnet gemeinsam den Weg der Veränderung, mit allen Höhen und Tiefen, Abzweigungen und möglichen Hindernissen. Das macht den Change-Prozess greifbar und gibt allen ein gemeinsames Bild.
Praktische Tipps für Change Manager
So, jetzt kommen wir zum Praxisteil. Hier sind ein paar Tipps, die ihr sofort umsetzen könnt:
1. Schafft einen sicheren Raum
Bevor ihr mit all diesen Tools loslegt, ist es wichtig, einen sicheren Raum zu schaffen. Die Leute müssen sich wohl fühlen, um offen über ihre Bedenken zu sprechen. Wie macht ihr das?
- Etabliert Grundregeln für den Austausch (z.B. Vertraulichkeit, Respekt)
- Geht mit gutem Beispiel voran und teilt auch eure eigenen Bedenken
- Reagiert nicht defensiv auf Kritik, sondern nehmt sie als wertvollen Input
2. Timing ist alles
Wählt den richtigen Zeitpunkt für eure Interventionen. Direkt nach der Bekanntgabe einer großen Veränderung sind die Emotionen oft hochgekocht. Gebt den Leuten Zeit, das erst mal sacken zu lassen, bevor ihr mit Workshops und Tools ankommt.
3. Follow-up, Follow-up, Follow-up
Nach einer Auskotzsession oder einem Nightmare-Change-Workshop ist eure Arbeit nicht vorbei! Greift die Erkenntnisse in Folgegesprächen wieder auf. Zeigt den Leuten, dass ihr ihre Bedenken ernst nehmt und daran arbeitet.
4. Seid flexibel
Nicht jedes Tool funktioniert in jeder Situation. Seid bereit, eure Ansätze anzupassen. Wenn ihr merkt, dass die Moving Motivators nicht gut ankommen, probiert was anderes aus. Flexibilität ist der Schlüssel zum Erfolg!
5. Vergesst die Befürworter nicht
In all dem Fokus auf Widerstand ist es leicht, die Befürworter zu vergessen. Bindet sie aktiv ein! Sie können wertvolle Verbündete sein und anderen die positiven Seiten der Veränderung aufzeigen.
Fazit: Interessens-Widerstand als Chance
Puh, das war jetzt eine Menge Input, oder? Aber wisst ihr was? Ich sehe Interessens-Widerstand mittlerweile als Chance. Er zeigt uns, was den Menschen wirklich wichtig ist. Und wenn wir das verstehen, können wir Veränderungen so gestalten, dass sie im Einklang mit diesen Werten und Interessen stehen.
Denkt immer daran: Hinter jedem Widerstand steckt ein Bedürfnis. Unsere Aufgabe als Change Manager ist es, diese Bedürfnisse zu erkennen, sie ernst zu nehmen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Also, traut euch, tiefer zu graben, wenn ihr auf Widerstand stoßt. Nutzt die Tools, die ich euch hier vorgestellt habe, und vor allem: Bleibt neugierig! Jeder Widerstand ist eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen und eure Change-Prozesse noch besser zu machen.
Ich hoffe, dieser Beitrag hat euch ein paar neue Ideen und Ansätze geliefert. Wie immer gilt: Probiert es aus, passt es an eure Bedürfnisse an und lasst mich wissen, wie es geklappt hat! Ich freue mich immer über euer Feedback und eure Erfahrungen.
So, und jetzt seid ihr dran: Welche Erfahrungen habt ihr mit Interessens-Widerstand gemacht? Habt ihr noch andere Tricks und Tools, die ihr gerne einsetzt? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Bis zum nächsten Mal, bleibt neugierig und offen für Veränderungen!
Bianca Prommer
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