Braucht Agilität wirklich ein Framework? Eine kritische Betrachtung
Du hast sicher schon oft gehört, dass Unternehmen auf der Suche nach mehr Agilität sind. Viele greifen dabei zu bekannten Frameworks wie SAFe, Scrum oder LeSS. Aber ist das wirklich der richtige Weg? In meinem neuesten Podcast-Gespräch mit der Expertin Angelika Prattes habe ich genau diese Frage diskutiert. Lass uns gemeinsam einen tieferen Blick darauf werfen, was wir dabei herausgefunden haben.
Dieser Beitrag basiert auf einer Podcast-Folge aus „Veränderung einfach machen“. Höre dir am besten gleich die Folge an.
Die vermeintliche Sicherheit von Frameworks
Wenn du in der Welt der Agilität unterwegs bist, kennst du sicher das Phänomen: Plötzlich posten alle in deinem Netzwerk stolz ihre neuesten Zertifikate für SAFe 6.0 oder ähnliche Frameworks. Es scheint, als wäre das der Schlüssel zum Erfolg. Aber ist es das wirklich?
Die Vorteile auf den ersten Blick
Zugegeben, Frameworks haben ihre Vorteile:
- Sie geben eine klare Struktur vor.
- Alle Beteiligten haben scheinbar das gleiche Verständnis von Agilität.
- Es fühlt sich an wie ein Kochrezept – wenn ich das befolge, kommt am Ende Agilität heraus.
Das klingt verlockend, oder? Gerade in Zeiten der Veränderung suchen wir oft nach Sicherheit und klaren Anweisungen.
Die Schattenseiten der Framework-Fixierung
Doch wie Angelika treffend bemerkte: „Ein Framework ist eindeutig auf der Tun-Seite.“ Was bedeutet das? Es geht mehr darum, agil zu arbeiten, als wirklich agil zu sein. Und genau hier liegt die Krux.
Stell dir vor, du gibst jedem Agile Coach einen Hammer in die Hand. Was passiert? Sie suchen überall nach Nägeln – auch dort, wo eigentlich Schrauben sind. Mit anderen Worten: Wenn du nur ein Werkzeug hast, versuchst du, alles damit zu lösen, auch wenn es nicht passt.
Der Unterschied zwischen „agil sein“ und „agil tun“
Lass uns einen Moment innehalten und darüber nachdenken, was es wirklich bedeutet, agil zu sein. Es geht nicht darum, stur einem Regelwerk zu folgen. Echte Agilität bedeutet, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen.
Die Gefahr der Unflexibilität
Paradoxerweise kann die strikte Befolgung eines agilen Frameworks dich unflexibel machen. Angelika brachte es auf den Punkt:
„Aus meiner Sicht macht es tatsächlich unflexibel, was genau nicht Agilität entspricht in meinen Augen, in meinem Verständnis, weil die Hoffnung ist, dass mich dieses Framework stützt und dass das der eine Weg ist, den es gibt.“
Der Energie-Irrtum
Ein weiterer kritischer Punkt: Viele Unternehmen stecken enorm viel Zeit und Energie in das Verstehen und Implementieren komplexer Frameworks wie SAFe. Aber ist das wirklich zielführend?
Die Energie, die du in das Erlernen eines komplizierten Regelwerks steckst, fehlt dir möglicherweise bei der eigentlichen Transformation. Der Veränderungsprozess ist ohnehin schon herausfordernd genug. Muss man ihn mit einem überkomplexen Framework noch zusätzlich erschweren?
Die Schlüsselrolle der Auftragsklärung
Wenn nicht Frameworks, was dann? Hier kommt ein oft unterschätzter, aber entscheidender Faktor ins Spiel: die Auftragsklärung.
Warum die Auftragsklärung so wichtig ist
Bevor du überhaupt an Agilität denkst, musst du verstehen, was das eigentliche Problem ist. Warum glaubt ein Unternehmen, Scrum oder SAFe zu brauchen? Was soll sich dadurch verbessern?
Angelika und ich sind uns einig: Eine gründliche Auftragsklärung ist der Schlüssel. Das bedeutet:
- Intensive Gespräche nicht nur mit der Führungsebene, sondern auch mit Teilen des Teams
- Herausfinden, wo der Schuh wirklich drückt
- Verstehen, warum Agilität als Lösung gesehen wird
Der blinde Fleck interner Berater
Interessanterweise fehlt vielen internen Beratern, seien es Organisationsentwickler oder HR-Coaches, oft das Wissen, wie man einen Auftrag richtig klärt. Sie sind es gewohnt, Aufträge einfach anzunehmen, ohne sie zu hinterfragen.
Als externer Berater hast du hier einen entscheidenden Vorteil: Du kannst und solltest kritisch nachfragen und den wahren Bedarf ermitteln.
Ein individueller Ansatz statt One-Size-Fits-All
Wenn du erkannt hast, dass ein starres Framework nicht die Lösung ist – wie gehst du dann vor? Lass mich dir unseren Ansatz vorstellen.
Der Werkzeugkoffer-Ansatz
Stell dir vor, du hast einen riesigen Werkzeugkoffer. Darin findest du:
- Praktiken aus verschiedenen agilen Ansätzen
- Coaching-Techniken
- Methoden zur Persönlichkeitsentwicklung
- Tools für Retrospektiven
- und vieles mehr
Jetzt geht es darum, für jede Situation das richtige Werkzeug auszuwählen. Manchmal brauchst du vielleicht eine Praktik aus Scrum, ein andermal eine Coaching-Technik oder eine Retrospektive.
Schritt für Schritt zum Ziel
Ein weiterer wichtiger Punkt: Geh in kleinen, machbaren Schritten vor. Versuche nicht, alles auf einmal zu verändern. Frage dich:
- Was ist der nächste kleine Schritt?
- Was können wir jetzt konkret umsetzen?
- Wie können wir erste Erfolge sichtbar machen?
Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick länger dauern. Aber meine Erfahrung zeigt: Oft kommst du so schneller und nachhaltiger ans Ziel, weil du die Menschen nicht überforderst.
Die Kunst der Veränderungsbegleitung
Egal ob du ein Framework einführst oder einen individuelleren Weg wählst – die eigentliche Herausforderung liegt in der Begleitung der Veränderung.
Menschen mitnehmen, nicht überfordern
Denk daran: Die meisten Menschen in Unternehmen haben schon mit ihrem Tagesgeschäft alle Hände voll zu tun. Wenn du jetzt noch eine komplette Umstellung ihrer Arbeitsweise forderst, kann das schnell zu Überforderung und Widerstand führen.
Stattdessen solltest du:
- Die Teams eng begleiten
- Regelmäßige Retrospektiven durchführen
- Offen für Anpassungen sein
- Auch Misserfolge und Ängste thematisieren
Die Rolle des Agile Coach neu denken
Als Agile Coach bist du mehr als nur ein Framework-Experte. Du bist:
- Veränderungsbegleiter
- Coach
- Trainer
- Facilitator
- und manchmal auch Therapeut
Das bedeutet, du musst flexibel sein und dich den Bedürfnissen des Unternehmens und der Teams anpassen können.
Warum wir keinen Framework-Ansatz lehren
All diese Erkenntnisse haben Angelika und mich dazu bewogen, in unserem ISO-zertifizierten Agile Transformation Coach Lehrgang einen anderen Weg zu gehen.
Was wir stattdessen vermitteln
Unser Fokus liegt auf:
- Umfassender Auftragsklärung
- Veränderungsmanagement
- Coaching-Fähigkeiten
- Einem breiten Methodenkoffer
- Persönlichkeitsentwicklung
Wir glauben fest daran, dass diese Kompetenzen dich besser darauf vorbereiten, Unternehmen wirklich agiler zu machen – und nicht nur agile Praktiken einzuführen.
Praxis und Selbstreflexion
Ein wichtiger Teil unseres Lehrgangs ist die praktische Anwendung. Du arbeitest an einem realen Projekt in deiner Organisation und reflektierst dabei ständig dein eigenes Handeln.
Wie Angelika es ausdrückt: „Es wird sehr viel Selbsterfahrung dabei sein. In der Hinsicht habe ich mir schon mal Gedanken gemacht, ob mein Vortragsstil agil ist oder bin ich ein klassischer Frontalvortragender.“
Die wahre Tür zur Agilität
Zum Abschluss möchte ich dir einen Gedanken mitgeben, den Angelika wunderschön formuliert hat:
„Die wahre Tür zur Agilität geht nach innen auf.“
Was bedeutet das? Es erinnert uns daran, dass echte Agilität nicht von außen aufgesetzt werden kann. Sie muss von innen kommen – von jedem Einzelnen im Unternehmen.
Was das für dich bedeutet
Als Agile Coach oder Veränderungsbegleiter heißt das:
- Arbeite zuerst an dir selbst
- Sei offen für neue Ideen und Ansätze
- Hinterfrage ständig dein eigenes Handeln
- Sei bereit, dich selbst zu verändern
Nur wenn du selbst wirklich agil denkst und handelst, kannst du andere auf diesem Weg begleiten.
Dein nächster Schritt
Egal, ob du gerade erst in die Welt der Agilität einsteigst oder schon ein erfahrener Coach bist – ich lade dich ein, deinen Ansatz zu überdenken.
Frage dich:
- Verlasse ich mich zu sehr auf Frameworks?
- Wie kann ich flexibler auf die Bedürfnisse von Unternehmen eingehen?
- Wo kann ich meine eigenen Fähigkeiten erweitern?
Und wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du Unternehmen wirklich in Richtung gelebter Agilität führen kannst, schau dir unseren ISO-zertifizierten Agile Transformation Coach Lehrgang an.
Denk daran: Die wahre Agilität beginnt bei dir selbst. Sei offen, sei flexibel und vor allem – sei agil in deinem Denken!
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